Elektromobilität und Klimaschutz - »In aktuellen Batteriegehäusen für E-Autos steckt noch viel Optimierungspotenzial«

Das Batteriesystem eines E-Autos birgt im Hinblick auf die CO2-Bilanz noch reichlich Optimierungspotenzial.

E-Mobilität und CO2-Bilanz
CO2-Bilanz von Batteriesystemen in E-Autos können deutlich verbessert werden - das fanden Fraunhofer-Forschende u. a. an der Open Hybrid LabFactory heraus. Bild: Pixabay


Partner aus Forschung und Industrie demonstrieren im Projekt ›CoolBat‹, wie innovative Konstruktionsprinzipien, Materialien und Produktionsverfahren dazu beitragen, Gehäuse für diese Batteriesysteme klimafreundlich herzustellen und zugleich bessere Gebrauchseigenschaften zu integrieren. Durch den Einsatz leichterer Bauteile kann bis zu 15 Prozent Kohlendioxid (CO2) eingespart werden – ohne das die Leistung oder Reichweite des Batteriesystems leidet. Integriert in das Projekt soll auch die  Herstellung der Batteriegehäuse deutlich effizienter werden. Koordiniert wird das Vorhaben vom Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU.

Reichweite und Ladeleistung entscheiden wesentlich über die Akzeptanz der Elektromobilität bei Kundinnen und Kunden. Die Wettbewerbsfähigkeit der herstellenden Unternehmen hängt letztlich davon ab. Wichtige Elemente eines Batteriesystems für E-Autos sind nicht nur das Batteriemodul selbst mit seinen Zellen, sondern ebenso das Gehäuse mit Strukturen zur Lastverteilung und Temperaturregulierung, Rahmen, Deckeln sowie Bodenplatten, die in ihrer Gesamtheit vor Überhitzung schützen müssen und bei Unfällen Beschädigungen des Batteriekerns abwenden sollen.

»In aktuellen Batteriegehäusen steckt noch viel Optimierungspotenzial für funktionsintegrierten Leichtbau und Ressourceneffizienz«, sagt Rico Schmerler, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Fraunhofer IWU am Fraunhofer-Projektzentrum Wolfsburg in der Open Hybrid LabFactory und Koordinator von ›CoolBat‹. »Deshalb nutzen wir diese Baugruppe, um für Gehäuse der nächsten Generation CO2-einsparende Lösungen zu entwickeln und zu erproben. Wir haben aber nicht nur E-Autos im Blick. Unser Ziel ist es, die Forschungsergebnisse später auf weitere Anwendungen und Branchen zu übertragen, in denen große Batterien genutzt werden.«

Leichtbau und Funktionsintegration auf kleinerem Bauraum

Mehr Funktionen auf kleinerem Bauraum bei weniger Schnittstellen – das wollen die Projektpartner erreichen. Dafür werden Einzelsysteme zu funktionsintegrierten Strukturen kombiniert, die thermische und mechanische Aufgaben in sich vereinen. Beispielsweise erhalten Tragstrukturen direkt eingegossene Temperierkanäle und in Bodenplatten wird die Funktion der Kühleinheit mit der des Crash-Schutzes verbunden. Das erreichen die Forschenden mit Aluminiumschaum. Das leichte Material absorbiert bei Unfällen viel Aufprallenergie. In Kombination mit Phasenwechselmaterial (PCM) senkt es zudem den Energieaufwand zur Kühlung der Batterie. Das Fraunhofer IWU verfügt bereits über rund zwei Jahrzehnte Erfahrung bei der Entwicklung und Anwendung von metallischen Schäumen.

Seine Expertise für den Einsatz von Leichtbauwerkstoffe und neuen Leichtbautechnologien bringt das Institut ebenso bei der Konstruktion und Fertigung des lastpfadoptimierten Batteriegehäuse-Deckels ein. Zudem werden im Forschungsprojekt neue Wärmeleitwerkstoffe entwickelt und erprobt. Sie ersetzen bisher aufwendig hergestellte, ökologisch hoch belastende und kostenintensive Wärmeleitpasten. Die Werkstoffentwicklung im Projekt umfasst auch neue Materialien für einen nachhaltigen Brandschutz.

Das Ziel: 15 Prozent CO2-Einsparung pro Batteriegehäuse

»Jeder Entwicklungsschritt im Projekt wird unter dem Aspekt der CO2-Einsparung und CO2-Bindung betrachtet und bewertet. Das beginnt bei der Konstruktion, setzt sich fort mit der CO2-reduzierten Material-, Technologie- und Fertigungsauswahl und führt bis hin zur nachhaltigen Produktperformance über den gesamten Lebenszyklus«, erläutert Rico Schmerler das ganzheitliche Herangehen an Lebenszyklusanalyse und CO2-Bilanzierung. Damit werden etwa 15 Prozent CO2-Einsparung pro Gehäuse möglich.

Die ›CoolBat‹-Partner haben darüber hinaus weitere positive Effekte aus den funktionsintegrierten Leichtbaulösungen errechnet: eine höhere Leistung pro Masse im Batteriesystem, schnelleres Laden sowie mehr Reichweite – alles gewichtige Argumente, um Elektromobilität weiter in Fahrt zu bringen.

Details zum Projekt und zu den Partnern

Das Projekt ›CoolBat‹ wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie im Rahmen der Initiative Technologietransfer-Programm Leichtbau (TTP Leichtbau) gefördert und durch den Projektträger Jülich betreut. Unter der Gesamtkoordination des Fraunhofer IWU sind die weiteren am Fraunhofer-Projektzentrum Wolfsburg integrierten Fraunhofer-Institute IFAM, IST und WKI als Forschungspartner beteiligt. Partner aus der Industrie sind folgende Unternehmen: FES-Fahrzeug-Entwicklung Sachsen GmbH/Auto-Entwicklungsring Sachsen GmbH, Basdorf, Lampe und Partner GmbH (BLP), Compositence GmbH, INVENT GmbH, iPoint-systems GmbH, LXP Group GmbH, MID Solutions GmbH, Synthopol Chemie Dr. rer. pol. Koch GmbH & Co. KG, Tigres GmbH, Trimet Aliminium SE und die Daimler AG.

Das Projekt ist im Mai 2021 offiziell gestartet und läuft bis April 2024.

Projektzentrum Wolfsburg

Das Fraunhofer-Projektzentrum Wolfsburg greift die Forderung nach klimaneutraler Mobilität und Produktion sowie gleichzeitig steigendem Bedarf nach Individualisierung auf und bietet daran anknüpfende Lösungsansätze z. B. zur Gewichtsreduzierung und dem Einsatz von nachwachsenden und nachhaltigen Rohstoffen, intelligenten Multimateriallösungen sowie Recyklaten. Über den stofflichen Kreislauf hinaus werden verstärkt Lösungen zur Schließung von Bauteilkreisläufen erarbeitet. Die Fraunhofer-Institute IFAM, IST, IWU und WKI führen in der Open Hybrid LabFactory in Wolfsburg ihre Kompetenzen für die genannten Forschungsansätze in den Forschungsthemen ›Flexible Produktion‹, ›Future Interior‹ und ›Batteriemodulbau‹ zusammen und adressieren damit neben dem Automobilbau auch Luftfahrt, Schifffahrt und Schienenverkehr. Mit seiner Forschungsexpertise und Innovationsfreude unterstützt das Fraunhofer-Projektzentrum Wolfsburg die Hersteller und Zulieferer der jeweiligen Branchen dabei, zukunftsfähige Lösungen zu entwickeln und auf den Markt zu bringen: vom Rohstoff über die Fertigung bis zur Wiederverwertung.

Das Fraunhofer-Projektzentrum ist örtlich und organisatorisch in die Open Hybrid LabFactory (OHLF) integriert. Die OHLF wurde im Jahr 2012 unter der Federführung des Niedersächsischen Forschungszentrums Fahrzeugtechnik (NFF) der TU Braunschweig initiiert und ermöglicht unter seinem Dach die Zusammenarbeit der TU Braunschweig und der Fraunhofer-Gesellschaft auf Forschungsseite sowie neben Volkswagen mehrerer namhafter Unternehmen auf Industrieseite. Neue Technologien und Verfahren werden im Zusammenspiel von Expertinnen und Experten entwickelt und auf Marktfähigkeit und ökonomische Nachhaltigkeit praktisch erprobt.

 

/Zur Pressemitteilung von Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU/