Laufzeit:
02/2024 - 01/2028
Förderung:
Programm „zukunft.niedersachsen“
Projektträger:
Niedersächsisches Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWK)
Kooperative und interdisziplinäre Forschung im Bereich Gesamtfahrzeugdemontage
Für die Zukunft der Mobilität ist die Schaffung einer nachhaltigen Kreislaufproduktion von entscheidender Bedeutung. Der Anspruch besteht darin, die Kreislaufführung von Werkstoffen, Bauteilen und Komponenten auf einer möglichst hohen Wertschöpfungsebene zu ermöglichen.
Gemeinsame Forschungsmotivation
Aktuell werden im europäischen Markt Fahrzeuge am Ende ihrer Lebenszeit bei dezentral angesiedelten Verwertungsunternehmen teilweise demontiert, um einzelne Komponenten einer Weiterverwendung zuzuführen und Materialanteile mit hohem Wertinhalt in separaten Stoffkreisläufen zu verwerten. Der weit überwiegende Teil des Altfahrzeugs wird mittels Press-, Shredder- und anschließender verfahrenstechnisch basierter Materialtrenntechnik behandelt. Die Nachteile dieser klassischen Recyclingstrategien liegen einerseits darin, dass eine Wieder- oder Weiterverwendung von Produktbestandteilen aufgrund der vollständigen Zerkleinerung nicht möglich ist und andererseits eine 100% sortenreine Rückgewinnung der unterschiedlichen Materialanteile nicht erreicht werden kann. Aufgrund der nicht vermeidbaren Durchmischungen (Verunreinigungen) unterschiedlicher Materialanteile sind derartige Recyclingstrategien mit einer Verringerung des Qualitätsniveaus bei der Wiederverwertung der rückgewonnenen Materialen verbunden („Downcycling“). Um diesen Herausforderungen zu begegnen, sind intelligente und skalierbare Automatisierungskonzepte notwendig, die sich flexibel an die vorliegenden Konditionen anpassen können. Fokus der in dem vorliegenden Projekt anvisierten Forschungsarbeiten ist die Konzeption und der Aufbau einer solchen neuartigen Anlage für die Demontage und Zerlegung von Gesamtsystemen und Komponenten. Die Besonderheit an dem angestrebten Vorgehen ist, dass die themenspezifischen Kompetenzen der drei Forschungspartner*innen TU Braunschweig, Fraunhofer-Gesellschaft und Ostfalia Hochschule eingebracht, fokussiert, und synergetisch kombiniert werden.
Vorgehensweise
Das interdisziplinär zusammengesetzte Team zum Thema „Automatisierte Gesamtfahrzeugdemontage“ ist unterteilt in die Untergruppen „Komponentenangepasste Trennprozesse“ und „Systemübergreifende Demontage“. Ziel ist es übergreifend Verfahren zu entwickeln, die einer sortenreinen Rückgewinnung von Materialien aus integrierten Produkten (Anwendungsfall Fahrzeug) dienen. Hier werden insbesondere irreversible Fügeverbindungen minimalinvasiv aufgetrennt. Mithilfe von Sensorik werden Komponenten, deren Material sowie die Fügeverbindungen (z.B. Klebung, Verschweißung) automatisiert erfasst. Der angestrebte hohe Automatisierungsgrad des Demontageprozesses hat einen direkten Einfluss auf den Produktentwicklungsprozess. Erkenntnisse aus den Grenzen in der Demontage sollen als Input in die Bauteilkonstruktion zurückfließen, sodass Dimensionierung, Materialauswahl und Fügepositionen demontagegerecht adaptiert werden können, ohne dabei die strukturelle Performance der Baugruppen zu beeinträchtigen. Ermöglicht werden soll eine sortenreine Trennung der Komponenten und Materialien, eine automatisierte Bewertung hinsichtlich Zustand, Recycling- und Remanufacturing-Fähigkeit, sowie Handlungsempfehlungen für nachfolgende Prozessketten. Die teils in Vorversuchen nachgewiesenen Prozesse im Labormaßstab werden im Projekt hinsichtlich ihrer Skalierung zu industrietauglichen Prozessen analysiert und bewertet.
Ansätze und Nutzen (Projektziele)
Das Ziel der JRG ist es, Gesamtfahrzeuge (teil-)automatisiert zu demontieren und zu untersuchen, in welchen zukünftigen produktionstechnischen Szenarien Gesamtfahrzeuge in Baugruppen, Komponenten oder (sortenreine) Materialanteile zurückgeführt werden können. Hierfür sollen verschiedene Konzepte aus den Bereichen der Automatisierungs-, Steuerungs-, Fertigungstechnik und Robotik zusammengeführt werden. Aus dem Gesamtziel ergeben sich folgende Forschungsfragen, die im Rahmen der Projektbearbeitung untersucht werden sollen:
- Wie können Demontageprozesse automatisiert sowie gleichzeitig flexibel und adaptiv gestaltet werden, um der hohen Varianz und den unterschiedlichen Zuständen von Altprodukten und -komponenten Rechnung tragen zu können?
- Welche Technologien und Methoden eignen sich für die zerstörungsfreie / zerstörungsarme Zurückgewinnung von sortenreinen Werkstoffen und (Teil-)Komponenten?
- Welche Rolle spielen Digitalisierung und künstliche Intelligenz bei der Automatisierung von Demontageprozessen und wie können sie optimal genutzt werden?
- Welche Demontagetiefe ist technisch und wirtschaftlich sinnvoll, um in nachgelagerten Demontage- oder Aufarbeitungsprozessen eine effektive Stofftrennung zu gewährleisten?
- Welche Voraussetzungen sind im vorgelagerten Produktentwicklungsprozess zu berücksichtigen, um einen automatisierten Demontageprozess effizient realisieren zu können?